Wie passen Messen und virtuelle Realität zusammen?

Ein Gespräch mit Andrea Walburg und Randolph Maurer

7. März 2017

Die Auswirkungen der Digitalisierung werden in allen Bereichen der Wirtschaft diskutiert. Auch in der Messebranche. Andrea Walburg und Randolph Maurer, Geschäftsführer von imb: troschke, haben sich mit dem Thema befasst und beziehen im Gespräch eindeutig Position.

# Ist Digitalisierung ein Hype, der wieder verschwindet?

Randolph Maurer: Die Frage geht doch vollkommen an der Realität vorbei. Stellen Sie sich vor, jemand hätte bei der Erfindung des Automobils davon gesprochen, das sei nur ein vorübergehender Hype. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Es gibt immer wieder neues Engineering, das Veränderungen bringt. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie und warum nutzt man neue Technologien.

# Virtueller Realität, besonders der VR-Brille, wird zugetraut, Messen grundlegend zu verändern. Mal ehrlich, braucht es überhaupt noch Messestände, wenn die Realität virtuell erlebt werden kann?

Randolph Maurer: Ich unterscheide zwischen Virtual Reality, in der man die Umwelt – die Realität um sich herum – nicht wahrnimmt, und Augmented Reality, bei der man seine Umwelt weiterhin erlebt. Hier sehe ich großes Entwicklungspotential.

Andrea Walburg: Die Digitalisierung wird das Geschehen auf dem Messestand verändern, nicht aber den Messeauftritt an sich in Frage stellen. Wer eine VR Brille aufsetzt, verliert schnell das Gefühl für Raum und Zeit. Man taucht in eine Fantasiewelt ein und erlebt Szenarien die in der Realität unvorstellbar sind. Messebesucher künftig in komplexe Produkte oder Fertigungstechniken virtuell hineinzuschleusen, um ihnen ein Bild von Prozessen, Details oder Dienstleistungen zu präsentieren, finde ich irre. Dennoch ersetzen diese Instrumente für mich nicht das persönliche Gespräch.

Randolph Maurer: Auf einer Messe suchen Kunden nicht nur Produkte oder Aussteller, sondern auch jemanden der sie berät, einen Menschen, der bei einer Entscheidung in einer komplexen Welt unterstützt, passende Lösungen erarbeitet und dem man vertraut. Per se ist es nichts Schlechtes, wenn alles komplexer wird, aber es fällt immer schwerer, die richtige, die passende Auswahl zu treffen. Eine der künftigen Herausforderungen ist beispielsweise, dass es immer weniger Serienprodukte geben wird. Mithilfe der Digitalisierung und Technologien wie 3D Druck werden die Produkte zunehmend individueller. Früher gab es einige wenige Modelle, die wurden an einem Stand vorgestellt und ein Kunde konnte sich aussuchen, welches am besten zu ihm passt. Jetzt werden Kaufentscheidungen komplexer. Der Kunde wird in der Komplexität einen Partner suchen, dem er vertrauen kann.

# Frau Walburg, Sie sagen, Messestände als solche werden sich nicht verändern, aber deren Inhalt und damit die Kommunikation. Wie ist das gemeint?

Andrea Walburg: Nun, in erster Linie entscheidet doch der Konsument, was ihn interessiert und was ihm nutzt. Daher geht es bei Messen immer mehr um Abgrenzung und auch um die Kunst, den Betrachter zu fesseln und zu beraten. Es gilt, neben der Markenwelt auch eine Erlebniswelt zu schaffen, die ohne emotionale Ansprache nicht funktioniert. Die Frage bleibt daher: Wie können diese Anforderungen in ihrer Vielschichtigkeit die Marke erlebbar machen und sich sinnvoll mit allen genutzten Kommunikationselementen zu einem gelungenen Messekonzept ergänzen?

# Im Grunde also ganz einfach…

Andrea Walburg und Randolph Maurer(lachen): Ja, genau.

#Wie sollten mittelständische Unternehmen den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnen?

Randolph Maurer: Bewusst. Reflektiert. Aufgeschlossen. Die digitale Transformation ist unaufhaltsam, aber man muss sie gestalten. Das ist auf der einen Seite eine Führungsaufgabe, auf der anderen Seite muss das aber auf allen Ebenen eines Unternehmens implementiert werden. Die nächste große Frage lautet nicht: Digitalisierung ja oder nein – auch wenn viele mittelständische Unternehmen sich noch schwertun. Die Frage lautet: Für welche Bereiche und wie nutze ich die digitalen Möglichkeiten und wo lasse ich sie außen vor? Welchen Nutzen bringt sie mir und wie gestalte ich meine Prozesse?

Andrea Walburg: Genau. Sie muss ins Konzept passen und ist kein Selbstzweck.

# Wie lautet also Ihr Fazit in Sachen Messen und Digitalisierung

Andrea Walburg: Es geht auf Messen ums Verkaufen und um die Präsentation von Markenräumen. Zwar wird im Internet heutzutage alles angeboten, was man sich nur vorstellen kann. Aber persönliche Beratung, Orientierung, Information und die Begegnung mit Experten bietet das Netz eben nicht in diesem Maße und solcher Qualität. Kaufentscheidungen werden neben sachlichen Argumenten immer auch über die Sinne getroffen. Sympathie spielt ja auch eine große Rolle für eine Markenaffinität und Akzeptanz. Dafür wird es auch weiterhin Messen und Messestände geben und damit die Möglichkeit, Menschen persönlich zu überzeugen. Selbst um ein virtuelles Produkt oder ein Produkt virtuell zu präsentieren, braucht es einen realen Raum.